somewhere we were
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Rebecca BRODSKIS & Elfie SEMOTAN | somewhere we were
Die Ausstellung somewhere we were bringt zwei künstlerische Positionen zusammen, die verschiedenen Generationen, Medien und Erfahrungsräumen entstammen – und die dennoch in überraschend präziser Weise miteinander kommunizieren. Die französisch-marokkanische Malerin Rebecca BRODSKIS (*1988) und die österreichische Fotografin Elfie SEMOTAN (*1941) begegnen einander hier nicht als Kontraste, sondern als Resonanzkörper: zwei Blickweisen, die dasselbe unsichere Terrain vermessen – jenen Zwischenraum, in dem Beobachtung, Erinnerung und Imagination ineinander übergehen.
BRODSKIS, die zwischen Frankreich und Marokko aufwuchs, versteht die menschliche Figur als „endlose Landschaft“, als Gefüge aus psychologischen und atmosphärischen Schichten. Ihre Porträts sind frontal, ruhig, manchmal fast rätselhaft – Figuren im Zustand latenter Übergänglichkeit, geprägt von ihren eigenen „Interzonen“, wie die Künstlerin jene Momente nennt, in denen Alltagswahrnehmung, Familie und innere Bilder zusammenfließen. In ihren jüngsten Arbeiten nähert sie sich SEMOTAN auf eine überraschend direkte Weise: Sie hat sich von Hintergründen aus SEMOTANs Fotografien – Interieurs, Muster, architektonische Ausschnitte – für ihre Malerei inspirieren lassen.
SEMOTAN wiederum denkt ihren fotografischen Beitrag bewusst als dialogisches Gegenüber zu der jungen Malerin. Ihre großteils menschenleeren Räume – Jennersdorf, New York, ihr Schlafzimmer in Long Island – sind klare, konzentrierte Bildräume, die oft erst durch das Fehlen einer Figur ihre Spannung gewinnen. Wo Menschen auftauchen, sieht man sie nur von hinten: Jonathan Meese, Raymond Pettibon. Es sind Andeutungen von Körpern, Spuren einer möglichen Handlung, aber nie die Handlung selbst. SEMOTANs Bilder wirken wie Szenen nach einem Aufbruch oder kurz vor einer Rückkehr, als hätten BRODSKIS’ Figuren sie gerade verlassen – oder könnten jeden Moment wieder in sie eintreten.
So entsteht ein Dialog, der weniger erzählerisch als atmosphärisch funktioniert. BRODSKIS’ intime Nähe und SEMOTANs klare Distanz treffen sich in einem gemeinsamen Feld aus Schwebe, Erwartung und Potenzialität. Was bei SEMOTAN klare, stille Räume sind, verwandelt sich bei BRODSKIS in psychologisch geladene Bühnen, die von innen heraus zu pulsieren scheinen. somewhere we were markiert jenen flüchtigen Punkt, an dem zwei künstlerische Welten sich überschneiden – nicht durch Vereinheitlichung, sondern durch ein geteiltes Interesse am Fragilen, am Vorübergehenden, am Möglichen.
(Text: Felix Hoffmann, Artistic Director FOTO ARSENAL WIEN, 2025)