Melanie Ender

gently tap, hold and scratch
Zeitgenössische Kunst Ausstellung
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2 Termine
Mittwoch 11. Juni
11. Juni
Mi
19:00
Eröffnung
Melanie Ender bis 21:00
Donnerstag 12. Juni - Samstag 26. Juli
Do 12. Juni -
Sa , 26. Juli
Ausstellung
Melanie Ender

Sanftes, aber bestimmtes Antippen und Halten sind vertraute Bewegungschoreografien, die den physischen Körper mit dem digitalen Informationsfluss in Verbindung setzen. Das alltägliche Aufrufen von zusätzlichem Wissen, das Vergrößern und Verkleinern von Bildern, das Kopieren von Text oder der Ausdruck von Gefallen an geteilten Inhalten eröffnet sich im Kontext dieser gezielten Berührungen. Sie vollziehen sich materiell gesprochen beinahe spurenlos, ohne permanente Rückstände zu hinterlassen. Ein Kratzen wiederrum geht tiefer unter die Oberfläche und schreibt sich ein, es perforiert und verletzt. Es ist ein prädigitales Agens, das Materialverlust einfordert, um die eigene Präsenz durchzusetzen, und es ist ein analoges Kommunikations-mittel, bei dem sich durch direkte Einschreibung Formen und Zeichen manifestieren. Diese können Spuren von Verletzung und Verletzlichkeit sein, prägen im erweiterten semiotischen Bedeutungsraum aber auch lesbare Vermittlungsträger bis hin zur Schrift aus.

Der Titel der ersten Ausstellung von Melanie Ender in der Galerie Krobath ist eine Handlungsanweisung, wenn auch nur metaphorisch. Die Künstlerin erschließt ihre Prozesse im haptischen Nachdenken, in Interaktion mit dem Material, das sich in Berührungen, Gesten und Setzungen äußert. Sie findet ihr Konstruktionsmaterial, oft Altmetall, auf Schrottplätzen oder in Verlassenschaften und prüft oder rekodiert es im direkten körperlichen Austausch: Aktives Halten, Erwärmen, Biegen, Beschleifen, Durchbohren, Wiegen und (Re-)Positionieren stehen dem vermeintlich Passiven sich halten, erwärmen, biegen, beschleifen, durchbohren, wiegen und (re-) positionieren lassen gegenüber. Dass das gewählte Material im Sinne eines vital materialism der US-amerikanische Politikwissenschaftlerin und Philosophin Jane Bennetts jedoch lebendig und als aktives Gegenüber zu verstehen ist (Jane Bennett, Vibrant Matter. A Political Ecology of Things, 2009), zeigt sich in den jüngsten Arbeiten von Ender, insbesondere der Beschäftigung mit Rost. Rost ist nicht gleich Patina; es ist Symptom eines chemischen Oxidationsprozesses, bei dem sich drei Komponenten treffen und austauschen: Eisen, Sauerstoff und Wasser. Während eine Patina ihren Träger als äußerste Schicht umhüllt und manchmal sogar schützt, dringt Rost in die Tiefe der Substanz ein und bildet ein Äquivalent zum oben erwähnten Kratzen; als fortschreitende Korrosion kann er sein metallisches Trägermaterial bis zur Unkenntlichkeit zersetzen.

Die Lebendigkeit dieses unaufhaltsamen Zerfallsprozesses bringt Ender in ein körperliches Verhältnis zwischen Objekten und Zeichenanordnungen. Sie reibt feinen Roststaub von korrodierten Metalloberflächen direkt auf Leinwände, um abstrakte, intuitiv gesetzte Spuren auszubilden. Die gelösten, porösen Eisenoxidpigmente, die zwischen Orangerot und Brauntönen wechseln, spiegeln die Tiefe der Schleifschichten wider. Die partiell abgeriebenen und so quasi-gesäuberten Metallobjekte komponiert die Künstlerin wiederum zu raumgreifenden Installationen, die in einer fragilen Balance zwischen temporärem Innehalten und eigengewichtiger Permanenz harren. Oder aber sie stehen den zweidimensionalen Bildträgern als prothesenhafte Apparaturen bei und artikulieren präzise konstruierte Linien, die erneut auf die Relevanz von Sprach- und Zeichensystemen verweisen. Auch die bislang selten gezeigten Zeichnungen Enders zeugen von ihrer tieferen Beschäftigung mit Rhythmus, Semiotik und Taktilität. gently tap, hold and scratch rekurriert schließlich auf ein performatives Arbeiten, in dem sich das feinfühlige künstlerische Tun untrennbar mit den skulpturalen Qualitäten der erzeugten Konstellationen verbindet.

Text Andrea Kopranovic

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