Mathias Weinfurter: Arheilgen

Zeitgenössische Kunst Ausstellung
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1 Termin
Donnerstag 5. Juni - Samstag 26. Juli
Do 5. Juni -
Sa , 26. Juli
Ausstellung
Mathias Weinfurter: Arheilgen

Arheilgen ist der Vorort, in dem Mathias Weinfurter derzeit als Charlotte-Prinz-Stipendiat der Stadt Darmstadt lebt und arbeitet. Mit diesem Titel verortet er seine Arbeiten am Ort ihrer Entstehung, ohne damit seinen konsequenten Anspruch auf deren Universalität aufzugeben. Denn für ihn steht „Arheilgen“ für jeden anderen Ort in der (deutschsprachigen) Provinz. Eine beliebige Vorstadt oder ein Dorf, das auch anders heißen könnte, in dem sich gepflegte Vorgärten, Ein- und Mehrfamilienhäuser aneinanderreihen.

Es sind die vermeintlich generischen Details solcher Orte, die Weinfurter interessieren: Der Doppelstabmattenzaun, der in seinen Arbeiten immer wieder erscheint. Rauputz, der überwiegend in den Sechziger- bis Achtzigerjahren so oder ähnlich millionenfach verarbeitet wurde. Markisen in braun und orange, die im Nachkriegsdeutschland und -österreich Millionen von Menschen Schatten gespendet haben. Die daraus komponierten Reliefs wecken Assoziationen mit persönlichen Gefühlen und Geschichten ebenso wie mit politischem Zeitgeschehen, das vor und hinter diesen Fassaden stattgefunden hat. Auch wenn sich diese Erfahrungen individuell unterscheiden – manche haben sich unter solchen Markisen verliebt, andere zerstritten – fanden sie vor den selben Kulissen statt.

Die Auseinandersetzung mit den Oberflächen der alten Bundesrepublik ist für Weinfurter, der nahe der ehemaligen Hauptstadt Bonn aufwuchs, immer auch gesellschaftspolitisch. Indem er die Texturen verfremdet und neu komponiert, deutet er auf die Ambivalenz dieses Erbes. Wohlstand und Sicherheit hat diese Gesellschaft bis heute nicht für alle zu bieten. In der vertrauten Architektur tauchen Verzerrungen und Risse auf, hinter denen sich die Abgründe von Ausgrenzung, Gewalt und Armut andeuten.

„Arheilgen“ ist die dritte Serie in einer Reihe von Reliefs des Bildhauers. Für die autobiografische Arbeit „Ankerstraße“ (Moltkerei Werkstatt, Köln, 2023) sowie für „Solitär“ (Kunsthalle Darmstadt, 2025) spielte er mit industriell gefertigten Beton-Fassaden großer Wohnanlagen für die Arbeiterklasse. Nun ist es der „Münchner Rauputz“, der vor allem an (klein)bürgerlichen Einfamilienhäusern haftet. Dieser ist nur auf den ersten Blick einheitlich: Bei dessen Verarbeitung ziehen kleine Kiesel unregelmäßige Rillen in den feuchten Putz, sodass sich dabei eine stets individuelle Struktur ergibt. So zeugt die Oberfläche von der Arbeit eines einzelnen Menschen. Die Markise wirkt dabei als sozial verbindendes Element, sie findet sich an Reihenhäusern ebenso wie an Wohnblöcken.

Was Mathias Weinfurter antreibt, ist die Suche nach Formeln und Elementen, um Menschen zusammenzubringen. Zusammen in einer Besinnung auf das Alltägliche, in gemeinsamen Erinnerungen und Vorstellungen vom guten Leben in einer Gegenwart, in der es davon immer weniger gibt.

(Text: Nils Altland, 2025)

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