Emanuel Gollob (AT), Lena Kuzmich (NL), Flavia Mazzanti (IT), Hyeji Nam (AT), Vojtěch Radakulan (CZ), Daniel Szalai (HU), Philipp Timischl (AT), T(n)C (AT)
Mit DIGITAL widmet die FOTOGALERIE WIEN ihre neueste Schwerpunktreihe
einem Thema, das unser gesamtes Zeitalter prägt. Es ist keine Fiktion mehr, über Arbeiter:innen zu spekulieren, die den größeren Teil ihrer wachen Lebenszeit mit den Augen auf Bildschirme geheftet verbringen. Der Erdball rotiert unter einem Netz von Satelliten, die kontinuierlich Fotografien von seiner Oberfläche herstellen. Fast jede:r von uns hat einen Computer in der Hosentasche, wir alle werden überwacht, vermessen und in Zahlen ausgedrückt – Null und Eins. Für die Fotografie hatte die Digitalisierung weitreichende Folgen. Manche haben sogar ihren Tod ausgerufen. Aber umgekehrt haben sich fotografische Bildverfahren zu einem wichtigen Prinzip in unserer digitalen Lebenswelt entwickelt. Fotografien werden in nie dagewesener Zahl angefertigt und konsumiert. Über kleine grelle Bildschirme werden Fotografien zur Schnittstelle zwischen Algorithmen und unseren Emotionen, Begierden, Ängsten und Träumen. Wir wagen es, einen Blick auf diese Gegenwart zu werfen und präsentieren in vier Ausstellungen zum Thema DIGITAL einen Abriss über die neuen Technologien und die Reaktionen von Künstler:innen darauf. Mit ihnen versuchen wir, das Ungreifbare zu erspüren und seine Potentiale und Gefahren einzuschätzen.
Das digitale Zeitalter ist geprägt von einer immer größer werdenden Macht und Kontrolle des Menschen über seine Umwelt. Gleichzeitig formiert sich ein philosophisches und ethisches Weltbild, in dem der Mensch nicht mehr im Mittelpunkt stehen soll. Philosoph:innen und Künstler:innen rufen ein Ende des Anthropozentrismus aus, sehen andere Spezies, Ökosysteme oder sogar Objekte als uns ebenbürtig an: als Mitbewohner:innen dieses Planeten, die ebenso wie wir mit einer gewissen Subjektivität und Handlungsmacht ausgestattet sind und mit denen wir uns arrangieren müssen. Auch (fotografische) Bilder können als Objekte gelesen werden und auch bei ihnen stellt sich die Frage nach ihrer Eigenständigkeit und nach ihrer Intention. Es ist ein guter Zeitpunkt, sich daran zu erinnern, dass „virtuell“ kein Gegensatz zu „real“ ist. Bei der Virtualität kommt es auf die Wirkung einer Sache an. Eine virtuelle Realität unterscheidet sich zwar in ihrer Form von der physischen Realität, hat aber eine ähnliche Wirkung. Insofern ist eine Website genauso real wie eine Autobahn oder eine Million Euro auf dem Konto. Insofern überlappen sich diese verschiedenen Realitäten, sind untrennbar miteinander verstrickt.
Mit KOEXISTENZ untersuchen wir diese Verstrickung: Wir begegnen den fotografischen Bildern auf Augenhöhe, hinterfragen ihre Rolle im Zusammenspiel mit (anderen) digitalen Technologien, mit unserer Gesellschaft, unseren Körpern und unserer Umwelt.