Einladung zur Eröffung:
Monokulturelle Stillleben
Installation von Catrin Bolt
Catrin Bolt, Monokulturelle Stillleben, 2022
Schaufenster Wohnprojekt Kohlenrutsche
Am Tabor 29, 1020 Wien
In Anlehnung an gemalte Stillleben zeigen Monokulturelle Stillleben (2022) nicht verschiedene Früchte, sondern nur eine Frucht in Massen. Es handelt sich dabei um Lebensmittel, die an klassische Vorlagen erinnern, die, wie Fragmente davon, in scheinbar unendlicher Kopie abgebildet werden. Indem die Fotos Anleihe an barocken Stillleben nehmen, eröffnen sie eine Zeitspanne, in der sich der Stellenwert von Lebensmitteln, deren Produktion und Umgang damit stark verändert hat. Traditionelle Stillleben zeigen Reich-tum und Fruchtbarkeit, aber auch Vergänglichkeit in der Natur. Mit der massen-haften Darstellung des Gleichen wird die Entwertung der Produkte und deren Abstraktion zur Ware thematisiert. Die Fotos können als ein Abbild der Land-schaft gelesen werden: landwirtschaftliche Produktion bedeutet meist Monokul-tur, Massenproduktion und Reduktion auf wenige Pflanzen- und Tierarten. Die Marktlogik gestaltet nicht nur unser Essen, sondern auch unsere Umwelt und Umgebung. Stillleben sollen ansprechend und schön wirken. In der Serie analoger Fotogra-fien, zu der auch die präsentierte Arbeit zählt, wirken die Fotos über die Farb-gebung von nur einer Frucht fast monochrom. Neben Zitronen zeigen weitere Stillleben der Serie auch Karotten, Kartoffeln, Paprika, Radieschen, Gurken, Wassermelonen, Weintrauben und Semmeln.
Catrin Bolt befasst sich mit der inhaltlichen, geschichtlichen und architektonischen Komplexität von Räumen und Orten. Mithilfe von Fotos, Skulpturen und Installationen – über minimale Eingriffe und unorthodoxe Darstellungen – werden diese in ihrer Vielschichtigkeit erfahrbar. Neben dem Begriff des erweiterten öffentlichen Raums und der konzeptuellen Befragung von Ausstellungen erforscht die Künstlerin das Potenzial von Kunst in Alltagsräumen. Im Gebrauch und der Neuperspektivierung von Alltagsgegenständen, die oft auf humorvolle, ironische und spielerische Weise symbolisch umgewertet werden, sowie mit den Kunstgriffen von Fiktionen, Fakes und subtilen Irritationen trotzt sie gesellschaftlichen Gegebenheiten neue Sichtweisen ab. Mit diesen Strategien macht sie gesellschaftliche Absurditäten ebenso wie die imaginäre, aber auch reale Macht von Zeichensystemen sichtbar.
(Text in Auszügen von Tania Hölzl)
Das Wohnprojekt Kohlenrutsche wohnt seit Herbst 2019 im Haus Am Tabor 29. Die Projektgruppe Schaufenster (Sabine Bitter, Christina Linortner, Helmut Weber und Julia Wieger) lädt Künstler:innen dazu ein, sich mit Formen und Bedingungen des Zusammenlebens in der Stadt zu beschäftigen. Damit wollen wir eine Auseinandersetzung und einen Austausch mit unserer gerade entstehenden Nachbarschaft beginnen.