Erna Rosenstein: Jenseits der Stille
Bildende Kunst Ausstellung
Verbindung zu esel.at
Erstmals in Österreich wird Erna Rosenstein (1913–2004), eine zentrale Protagonistin der polnischen Nachkriegsavantgarde, in einer umfassenden Retrospektive gewürdigt. Rosenstein verwebt kollektives Erleben mit individuellem Trauma und setzt sich vor dem Hintergrund der Shoah und der politischen Umbrüche in Polen mit dem Fortbestand von Erinnerung sowie mit der Erfahrung von Verlust und Vergänglichkeit auseinander.
Kuratiert von Stephanie Auer.
Assistenzkurator: Miroslav Haľák
Zur Ausstellung
In den frühen 1930er-Jahren verbringt Erna Rosenstein zwei Jahre in Wien, wo sie an der Frauenakademie studiert. Aus dieser Schaffensphase sind keine Werke der Künstlerin erhalten. Sie gingen verloren oder wurden vernichtet aufgrund von Verfolgung, Flucht und der Notwendigkeit, ihre Identität als Jüdin im von Nazideutschland besetzten Polen zu verbergen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entwickelt Rosenstein eine expressive Bildsprache, um das Unsagbare eines kollektiven wie auch persönlichen Traumas zu artikulieren. Als eine Form der Erinnerung und der Aufarbeitung setzt sie sich über Jahrzehnte hinweg immer wieder mit dem gewaltsamen Tod ihrer Eltern auseinander. Diese lebenslange Innen- und Rückschau bildet ein zentrales Motiv in der Ausstellung. An den zahlreichen Bildnissen von Mutter und Vater wird deutlich, wie konsequent die Künstlerin an einer realistischen Wiedergabe festhält, obgleich ab den 1950er-Jahren zunehmend eine biomorphe Abstraktion ihr Schaffen prägt.
Rosensteins abstrakte Kompositionen gleichen inneren Landschaften, die sich von surrealistischen Anklängen und traumähnlichen Zuständen beeinflusst zeigen. Ihre rätselhaft-poetischen Werktitel eröffnen überraschende Interpretationsräume und zeugen von der engen Verbindung, die Wort und Bild für die Malerin und Dichterin eingehen. Sie reflektieren das Erleben von Zeit und Raum, Verlust, Trauer oder historischen Ereignissen. Zugleich weisen die in der Ausstellung versammelten Assemblagen auf Rosensteins künstlerisches Anliegen hin, scheinbar wertlose Alltagsgegenstände durch unerwartete Kombinationen in neue narrative Zusammenhänge zu überführen.
Über mehr als sechs Jahrzehnte entwickelt Rosenstein einen multimedialen Bildkosmos als eindringlichen Akt des Erinnerns und des Widerstands gegen das Vergessen. Anhand ihrer Gemälde und Assemblagen sowie ihrer Zeichnungen, die erstmals außerhalb Polens zu sehen sind, lädt die Ausstellung zur kritischen Auseinandersetzung mit der Aufarbeitung und Bewahrung von Geschichte(n) ein.