Bildungsinfrastrukturen der Moderne
Architektur Urbanismus Vortrag Präsentation Diskussion
Verbindung zu esel.at
Infrastrukturen sind nie nur als bloße technische Apparaturen zu verstehen, sie sind stets auch soziale Räume. Das gilt ganz besonders dort, wo diesen Infrastrukturen größere gesellschaftliche Bedeutung zugewiesen wird, die über die bloße Versorgungsleistung hinausreicht: etwa im Bereich der öffentlichen Bildung, der in der Moderne nach 1945 eine besondere Aufmerksamkeit zukommt, die voll von Ambivalenzen ist – als Erziehung eines neuen Menschen, als Heranbilden einer künftigen Gesellschaft, als Mittel zur Emanzipation oder für den sozialen Aufstieg. Seit mehr als zehn Jahren untersuchen Sabine Bitter und Helmut Weber – als Duo mit den Mitteln von Kunst und Fotographie, aber auch in Zusammenarbeit mit anderen – die Bildungsmoderne, als Raum der Universität innerhalb der Architektur der Moderne: die Megastruktur der Simon Fraser University in Vancouver, die Campusarchitektur der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, die der University of Lethbridge, Alberta oder die Universität der Arbeitenden in Zagreb. Aus dieser Beschäftigung heraus entstand eine Reihe von Publikationen, die aus dem Hier uns jetzt einen Blick auf die Hoffnungen und Versprechen einer vergangenen Zeit werfen und deren dritter Teil soeben erschienen ist.
Wie sich ein Wissen über Schul- und Bildungsbauten über die Jahrzehnte veränderte, wie es sich in den Netzwerken der Architektur ausbreiteten konnte, welche Rolle dabei transnationalen Zusammenschlüssen wie etwa der UIA (Union Internationale des Architectes) zukam und wie sich dieses Wissen um Typen, Modelle und Techniken auch in die nationalen Rahmenbedingungen der öffentlichen Planung einschrieb, damit beschäftigt sich Maja Lorbek im Rahmen des Projekts Transnational School Construction. Das Projekt der Bildungsmoderne, so zeigt sich hier, war ein inter- und transnationales und entwickelte sich in den in den Jahren des Kalten Krieges über die Blockgrenzen hinweg zu einem universalistischen Projekt des modernen Fortschritts.
Mit: Sabine Bitter, Helmut Weber, Maja Lorbek, Jeff Derksen
Moderation: Michael Klein / ÖGFA
Die in Vancouver und Wien lebenden Künstler*innen Sabine Bitter und Helmut Weber arbeiten gemeinsam an Projekten, die sich mit der Frage befassen, wie Städte, Architektur und urbane Gebiete in Bilder umgesetzt werden. Sie arbeiten hauptsächlich mit den Medien Fotografie und Rauminstallation und befassen sich in ihrer forschungsorientierten Praxis mit spezifischen Momenten und Logiken des global-urbanen Wandels. Ihre aktuelle Forschung umfasst Projekte wie Educational Modernism, Performing Spaces of Radical Pedagogies und Shifting Perspectives: Maps, Spaces, Places and the Urban. Sabine Bitter ist Professorin für Bildende Kunst an der Simon Fraser University in Vancouver.
Jeff Derksens Forschungen und kreatives Schaffen bewegen sich an der Schnittstelle von Poesie und Urbanismus. Zu seinen Gedichtbänden gehören Future Works, The Vestiges und Transnational Muscle Cars. Zu seinen kritischen Büchern gehören After Euphoria und How High is the City, How Deep is Our Love. Zusammen mit dem Kollektiv Urban Subjects hat er The Militant Image Reader und Autogestion: Henri Lefebvre in New Belgrade herausgegeben. Derksen war Forschungsstipendiat am Centre for Place, Culture and Politics am The Graduate Center, CUNY. Er arbeitet an der Simon Fraser University und lebt in Vancouver und Wien.
Maja Lorbek studierte Architektur an der TU Graz und promovierte an der TU Wien. Derzeit leitet sie das FWF-Projekt Transnational School Construction (Forschungseinheit Kunstgeschichte, TU Wien). Sie ist Mitglied der Arbeitsgruppe Residential Buildings and Architectural Design im Rahmen des European Network for Housing Research (ENHR). Ihre Forschungsinteressen umfassen die materielle, soziokulturelle und medial vermittelte Koproduktion der gebauten Umwelt, die transnationale Geschichte der Schularchitektur der Nachkriegszeit sowie Theorien des flexiblen Wohnens.